Gemeinsam mit der Berliner Autorin Christiane Henke luden wir am 9. März 2014 auf einen Tagsausflug ein: durch München und Umgebung auf den Spuren Anita Augspurgs. Ende der Achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts war diese mit ihrer Freundin Sophia Goudstikker nach München gekommen und eröffnete dort das Fotostudio „Elvira“, das sehr schnell bekannt wurde, so dass schließlich gar die bayerische Königsfamilie zu den Kunden gehörte. Die beiden Frauen selbst waren auffällige Personen ihrer Zeit mit ihren Kurzhaarfrisuren, ihrer Reformkleidung und ihren öffentlichen Bekenntnissen für den Kampf der Frauenbefreiung.
Nach Stationen in Zürich, Berlin und Hamburg kehrte Anita Augspurg zum Ende des Ersten Weltkrieges nach München zurück. In ihrer Wohnung hielt sie illegale Versammlungen ab, nach dem Krieg wurde sie Mitglied des provisorischen Bayrischen Parlaments. 1923 beantragte sie beim Bayrischen Innenminister persönlich Adolf Hitlers Ausweisung aus Bayern wegen Volksverhetzung – dieser Antrag war der Grund, warum sie 1933 von einer Winterreise nicht mehr zurückkehren konnte, 1943 starb sie in der Schweiz.
Welche Spuren hat Anita Augspurg in München hinterlassen, welche Seiten ihrer Persönlichkeit gilt es hier zu entdecken? Diese Fragen und viele mehr beantworte an diesem Tag in vielen Geschichten, Details, Anekdoten Christiane Henke, die sich als rundum fachkundige und vor allem auch geübte Erzählerin zeigte. Christiane Henke erzählte an der Bavaria auf der Theresienwiese von den Revolutionsbestrebungen, bei denen Anita Augspurg gleich zu Beginn mit dabei war. Im Kloster Schäftlarn beschrieb sie die eher private Seite von Augspurg, die sich für einige Jahre aufs Land zurückgezogen hatte. Weiter ging es zur Von-der-Tann-Straße, dem damaligen Standort des Hof-Ateliers „Elvira“ und an Augspurgs damaligem Wohnhaus in der Kaulbachstraße vorbei. An der letzten Station, im Turmzimmer der Seidlvilla, zeigte Christiane Henke Fotos aus Augspurgs Leben und erzählte einige letzte Geschichten.
Christiane Henke lebt als freie Autorin in Berlin und schreibt vor allem für das öffentlich rechtliche Radio. Im Oktober 2013 erschienen die von ihr herausgegebenen „Rechtspolitischen Schriften“ Anita Augspurgs. Bereits 2000 erschien von ihr eine Biografie Anita Augspurgs bei Rowohlt. Das Buch ist leider vergriffen, ist aber einzeln über Antiquariate zu bekommen.
(Drei Wochen nach unserem Rundgang veröffentlichte Zeit Wissen einen interessanten Artikel über Anita Augspurgs Leben und ihren politischen Kampf während der Zeit des Ersten Weltkriegs. Lesen »)
Wir bedanken uns beim Kulturreferat der Stadt München für die finanzielle und organisatorische Unterstützung.